Thorsten Hirsemann vom Radsportclub Dinslaken hat in diesem Jahr eine ganz besondere Herausforderung im Radsport angenommen und erneut erfolgreich gemeistert: Das Race Across Germany von Flensburg im hohen Norden quer durch die Republik nach Garmisch im Süden. Nachfolgend sein persönlicher Erfahrungsbericht:

Nach einer speziellen Vorbereitung von 6 Monaten in der ich 7000 km abgespult habe, ging es Donnerstags nach Flensburg zum Start des Race Across Germany (Flensburg-Garmisch). Im Hotel angekommen zog ich mich direkt um und dann ging es für mich zur Probe auf die ersten 15 km. Beim Test stellte ich schon einige Probleme mit dem Navi fest. Die Wegpunkte bei einer Strecke von über 1100 km waren einfach zu viel. Zum Glück hatte der Veranstalter aber auch mehrere Teilstücke zur Verfügung gestellt. Auf den ersten Kilometern durch die Innenstadt erwarteten uns schon viele Ampeln die ein flüssiges Fahren unmöglich machen.

Am Abend ging es dann ins Café Central um die Startunterlagen abzuholen und ein kurzes Schwätzchen mit den Veranstalter zu halten. Bevor es dann zu Bett ging wurde beim Italiener nochmal der Kohlenhydratspeicher aufgefüllt.

Am Morgen wurde dann nochmal reichhaltig gefrühstückt und dann ging es zum Start. Pünktlich um kurz vor 9:00 Uhr ging es dann für mich auf die Strecke. Da ich die ersten Kilometer vom Vortag kannte ließ ich es entspannt angehen. Aus der Stadt raus ging es dann über elendig lange Straßen zum ersten Checkpoint. Da mein Team am Anfang technische Probleme hatte, war ich die ersten 1,5 Stunden auf mich allein gestellt. Da ich aber immer wieder Kontrahenten auf der Strecke gesehen und überholt habe wurde ich von den Betreuern mit Flüssigkeit versorgt. Genervt haben die ganzen Baustellen und dessen Umfahrungen. Diese waren dann manchmal nach ca. 10 km nicht mehr ausgeschildert. Am Ende des Rennens kamen damit so gute 50 km Umweg dazu. Trotzdem lief der erste Tag gut und ich flog mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h über die Strecke Richtung den Harz. Die erste Nacht war sehr kalt mit stellenweise nur 4°C. Dann kam noch dichter Nebel dazu wodurch die Abfahrten im Mittelgebirge sehr gefährlich waren. Die steilen Anstiege mit bis zu 18% machten mir schwer zu schaffen und machten sich später im Rennen an meinen Knien bemerkbar. Nach dem Sonnenaufgang wurde dann eine kurze Schlafpause von 20 Minuten gemacht. Zitternd setzte mich mein Team wieder aufs Rad und ich fuhr immer an der Grenze zwischen Thüringen und Hessen Richtung Bayern. In der Rhön angekommen hieß es jetzt den längsten Anstieg der Strecke zu bewältigen. Es ging fast 40 km wellig bergauf. Die Wellen waren zwar bei weitem nicht so steil wie im Harz, aber in der prallen Sonne bei fast 30°C konnte man zusehen, wie die getrunkene Flüssigkeit durch die Hautporen wieder zum Kühlen auf die Haut kam. Mein Team war aber immer um mein Wohl bemüht und versorgte mich mit allem was ich wollte und brauchte. In einem Dorf war mal wieder eine Baustelle und Umleitung. Da die Baustelle sehr klein war konnte ich mit dem Rad durchfahren und wartete am Ende auf mein Team das die Umfahrung nahm. Leider führte die Umleitung um den ganzen Ort und mein Team fand mich nicht wieder. Genau zu dem Zeitpunkt war mein Akku vom Handy leer. Ich habe dann Passanten gebeten mir ihr Handy zu geben um meine Frau anzurufen. Die erklärte dann meinem Team wo ich war. Dadurch haben wir eine gute Stunde verloren. Aber es ging weiter bis ich einen immer größer werdenden Schmerz am oberen Oberschenkel merkte. Ich sagte mein Team Bescheid und wir schauten uns das Problem an. Die Naht des Sitzpolsters hatte dafür gesorgt das ich am Oberschenkel wund gescheuert war. Der Schmerz war so groß das an eine Weiterfahrt nicht zu denken war. Nach mehrfacher Behandlung der Wunde kam mein Vater auf die Idee die Wunde mit einer Folie zu überkleben. Das war die Rettung und so ging es in die zweite Nacht. Über zweispurige stark befahrene Bundesstraßen ging es durch Bayern. An diesem Teilabschnitt hatte ich mehrfach durch aggressive Autofahrer Angst um mein Leben. Mein Team, das die ganze Zeit mit Warnblinkanlage hinter mir her fuhr, wurde immer wieder hupend beschimpft und sehr knapp überholt. Nach der Stadt Ansbach fing es an zu regnen und das sollte auch bis zum Morgen anhalten. In der Nacht machte ich insgesamt zwei Schlafpausen wieder mit jeweils 20 Minuten. Die mussten aber auch sein da ich schon anfing Schlangenlinie zu fahren. Auch Schmerzen kamen jetzt dazu. Jeder weiß Bayern ist nicht flach, und so quälte ich mich jeden Anstieg mit schmerzenden Knien hoch. Als es hell wurde hatte ich gehofft endlich die Alpen zu sehen doch leider war dies bis kurz vor dem Ziel durch tief hängende Wolken nicht möglich. Aber der Wettergott meinte es gut und es hörte auf zu regnen. Kurz vor dem Ziel kam sogar wieder die Sonne raus. Ab jetzt war auf den Schildern endlich Garmisch-Partenkirchen ausgeschildert und das ließ alle meine Schmerzen vergessen. Zum Schluss musste man einen sehr steilen Anstieg zum Schanzentisch der Skisprungschanze hochfahren. Oben angekommen empfingen mich schon mein Team und der Veranstalter, sie übergossen mich mit Sekt und wir feierten meinen Zieleinlauf. Nach einer Fahrzeit von 42 Stunden und einer Gesamtzeit von 50 Stunden bin ich glücklich im Ziel angekommen. Als neues Ziel steht vielleicht das Race Around Austria auf dem Plan. Aber jetzt heißt es erst einmal Urlaub machen und dem geschundenen Körper eine Erholung gönnen.

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