Nachfolgend ein Erfahrungsbericht unseres Mitglieds Thorsten Hirsemann, der am 01.06.2018 am Race Across Germany teilgenommen hat.

Am 1. Juni startete ich zu meiner bisher längsten Herausforderung im Radsport: dem Race Across Germany von Aaachen nach Görlitz 780km. Die spezielle Vorbereitung dafür dauerte 2 Monate. Im April flog ich ins Trainingslager nach Mallorca. Da wir letztes Jahr im März schon mit super Wetter verwöhnt wurden, hofften wir darauf, dass es im April mindestens genauso schön ist. Doch leider war zumindest wettertechnisch der Wurm drin. Wenn es in die Berge ging war eine Jacke ein Muss. Immer wieder gab es Regen und einstellige Temperaturen. Nichts destotrotz wurden in der einen Woche knapp 900 km abgespult. Meine Form war zu diesem Zeitpunkt schon ganz gut. Dies zeigte sich vor allem an den Anstiegen, wo ich meine Bestzeiten aus den Vorjahren alle übertroffen habe.

Wieder zu Hause angekommen wurden mehrere Marathons über 300 km gefahren und der Belgische Klassiker Lüttich Bastogne Lüttich, der dieses Jahr mit einer neuen Strecke auf die Teilnehmer wartete. Diese war 278 km lang und hatte knapp 5000 Höhenmeter mit Steigungen von mehr als 20%. Als letzten Höhepunkt der Vorbereitung bin ich mit dem Rad nach Mönchengladbach gefahren um dort an der CTF teil zunehmen die in die Eifel führte. Eine große Herausforderung war auch die richtige Sitzposition zu finden. Sie sollte aerodynamisch sein aber auch komfortabel. Allein dafür gingen schon mehrere Hundert Kilometer drauf.

Eine Woche vor dem großen Rennen wurden die Beine hoch gelegt um ausgeruht an den Start gehen zu können. Die letzte Nacht vor dem Rennen konnte ich vor lauter Aufregung nicht wirklich gut schlafen. Um 5 Uhr klingelte der Wecker und nach dem morgendlichen Ritual machten wir uns auf dem Weg nach Aachen. Das Wetter zeigte sich von seiner schlechtesten Seite! Stellenweise konnten wir nur 30 km/h auf der Autobahn fahren weil es so stark regnete und hagelte. Also beste Voraussetzung um 780 km Rad zu fahren. Pünktlich zur Eröffnung durch den Bürgermeister von Aachen und den Veranstalter Dieter Göpfert waren wir endlich angekommen. Da ich es aber nicht rechtzeitig schaffte an der Startlinie zu stehen durfte ich als Letzter starten. Es wurde in einem Abstand von 2 min. gestartet. Das Rennen ist unterteilt in zwei Kategorien: 1. Support (Der Fahrer wird durch ein Begleitfahrzeug, was immer hinter ihm fahren muss, unterstützt). 2. Non Support (Der Fahrer ist auf sich alleine gestellt und muss alle notwendigen Sachen mit sich führen). Ich entschied mich für die zweite Variante!

Um 8:40 Uhr verabschiedete ich mich von meinen Eltern und meiner Tochter und mein großes Abenteuer begann. Pünktlich zum Start meinte Petrus es gut mit uns und es hörte auf zu regnen. Da aber der Boden noch sehr nass war entschied ich mich die Regenkleidung nicht auszuziehen. Wie sich kurze Zeit später auch raus stellte war das die richtige Entscheidung denn es fing wieder an zu regnen und das für die nächsten 7 Stunden.

Die ersten Kilometer durch Aachen war ein Stopp and Go wegen dem Verkehr und der vielen Ampeln. Dann ging es durch die Eifel zum ersten großen Ziel: der Stadt Bonn. An diesem Zeitpunkt hatte ich schon zu 4 Konkurrenten aufgeschlossen und wir kämpften uns zusammen durch die Rushhour. Die ersten 100 km waren geschafft. Weiter ging es durch den Westerwald und das Siegerland. Es wurde immer ländlicher und die Tankstellen und Supermärkte wurden seltener. Da musste dann auch schon mal ein Friedhof herhalten um die Getränkeflaschen wieder aufzufüllen. Bei km 215 sind wir in Herborn und das Wetter bessert sich. Der erste Kontrollpunkt der angefahren werde musste war in Bad Hersfeld bei km 340. Auf die letzten km dorthin hatte ich meinen ersten Plattfuß. Er war nur schleichend und ich konnte mich durch mehrmaliges nachpumpen bis zum Kontrollpunkt retten. Dort angekommen wechselte ich den Schlauch und konnte den Reifen mit knapp 9 Bar an der Tankstelle wieder aufpumpen. Am Kontrollpunkt waren wir verpflichtet eine SMS an den Racedirektor mit Name und Ankunftszeit zu senden. Es war mittlerweile Dunkel geworden und ich schaltete meine Beleuchtung ein. Auch diese mussten wir Fahrer in der Kategorie Non Support in doppelter Ausführung mitnehmen, für den Fall das mal eine ausfällt. Und was soll ich euch sagen. Im Osten war es richtig dunkel. Man sah die Hand vor Augen nicht. Anders als bei uns es gab kein Licht weit und breit. Es ging weiter Richtung Eisenach. Es wurde kalt und ich zog mir Arm- und Beinlinge an. So langsam wurde ich müde und mir fielen beim Fahren die Augen zu. Also legte ich mich in einem Dorf auf eine Bank und wollte versuchen kurz zu schlafen. Dies funktionierte aber nicht. Also wieder aufs Rad und es ging weiter. Am Ortsausgang traf ich einen Leidensgenossen. Wir brachten uns zusammen durch die Nacht. Durften aber auch nur nebeneinander fahren da das Windschattenfahren strikt untersagt war und mit einer dicken Zeitstrafe bestraft wurde. Dies war aber kein Problem. Wir sahen stundenlang keine Menschenseele. Um 4 Uhr ging langsam die Sonne auf und für uns waren es noch knapp 300 km. Zu Hause würde ich dafür gute 10 Stunden brauchen wenn die Strecke flach ist. Doch leider warteten noch über 3000 Höhenmeter auf uns. Ich kam in die Ortschaft Zeitz und stürmte in eine Bäckerei. Ich hatte Hunger auf etwas was nicht süß ist. Denn egal was ich die letzten 23 Stunden zu mir genommen hatte an Riegel und Getränken war süß!

Man kann sich gar nicht vorstellen welche Gelüste man hat, wenn man so lange auf dem Rad sitzt. Man sollte dann nur nicht seinen Gelüsten verfallen, sonst springt der Magen im Dreieck. Dazu später noch mehr. Es ging weiter dem Ziel entgegen. Ein ständiges Auf und Ab. Ab und zu standen Leute an der Straße und feuerten mich an oder begleiteten mich ein Stückchen mit dem Rad. Sie hatten das Rennen im Internet verfolgt und waren beeindruckt von der Leistung. Stellenweise wurden die Straßen sehr schlecht und die Anstiege ganz schön steil, so dass es schwer war nach knapp 650 km diese noch hoch zu fahren. Man hatte gehofft, dass bei so einer Distanz die letzten km etwas einfacher werden. Doch leider ging es so weiter bis 10 km vor dem Ziel. Dort wartete nochmal eine richtige Rampe auf die Teilnehmer. Der zweite Kontrollpunkt der Strecke war kurz vor Dresden bei Wilsdruff. Kurz davor hatte ich leider auch noch einen weiteren Defekt. Also schnell das Vorderrad raus, neuen Schlauch eingesetzt und weiter. Vorher noch eine SMS an den Veranstalter die ja Pflicht war. Meinen letzten nennenswerten Stopp legte ich an der Elbe bei einem großen Discounter ein. Dort füllte ich meine Trinkflaschen nochmal auf und holte mir ein Stück Pizza. Schön lecker salzig. Das fand mein Magen leider nicht so gut und gab mir die folgenden 2 Stunden Pfötchen. Nach der letzten Rampe, wie schon vorher erwähnt, ging es bergab in die Stand Görlitz.

Dort wartete nochmal Kopfsteinpflaster auf uns und forderte nochmal volle Konzentration um nicht auf den letzten Metern zu stürzen. Im Ziel angekommen warteten auf einem Festplatz zu meiner Verwunderung viele Menschen auf mich und jubelten mir zu. Ich hatte es geschafft!!! Nach einer reinen Fahrzeit von 29 Stunden und 36 Minuten bin ich in meiner Kategorie NON SUPPORT 4. geworden.

 

Vielen Dank an meine Frau und meine Kindern, dass Sie so oft auf mich verzichtet haben, und ich mir diesen Traum erfüllen konnte. Danke auch an meinen Verein, dem RSC Dinslaken, für die finanzielle Unterstützung.

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